Conni Trieder Trio


Biography Conni Trieder Trio


Conni Trieder
kommt aus Halle an der Saale. Sie studierte Kulturwissenschaften an der Uni Hildesheim und Jazz-Flöte an der HfMT Köln bei Michael Heupel. Wichtige Mentoren waren zudem Dieter Manderscheid, Jürgen Friedrich und Frank Gratkowski. Sie schreibt Musik für Theaterstücke, die sie auch live auf der Bühne performt. Mit ihrem Quartett „Das Kleine Grusel“ spielt sie ein fast gruseliges Programm, 2018 kam die Schallplatte „Live in Jahmen-Ausbau“ heraus. Mit Kai Niggemann an der Buchla Music Box improvisiert sie frei und verwendet dabei verschiede Effekt-Pedale. Im Conni Trieder Trio mit Lukas Keller am Kontrabass und Jakob Kammerer am Schlagzeug verwirklicht sie ihre eigenen Kompositionen, 2021 erscheint ihr Debüt-Album bei nWog Records. 2020 erhielt sie ein Kompositionsstipendium der Kunststiftung des Landes Sachsen-Anhalt und der Kloster Bergische Stiftung, dafür gründet sie außerdem ein neues Quartett „Trieders Holz“ mit 2 Querflöten, Bassklarinette und Kontrabass.

Conni Trieder Trio
Die Kölner Flötistin Conni Trieder ist eine leidenschaftliche Geschichtenerzählerin. Allen sprichwörtlichen Vorbehalten zum Trotz kann man sich von ihr getrost die Flötentöne beibringen lassen. Mit traumwandlerischer Leichtigkeit, narrativer Lust und poetischem Feingefühl besetzt sie das Thema Flöte auf ihrem Trio-Album „Brot und Salz“ völlig neu. Wenn die Platte wie die schwungvolle Inszenierung eines Bühnenstücks wirkt, ist das kein Wunder, denn mit einem Bein steht sie im Theater. Jeder Song beschreibt eine Szene, sie liefert Kulissen und Charaktere mit und in den kurzen Textpassagen sogar ein Libretto. Den Improvisationen liegt stets ein lyrischer Gestus zugrunde. Aus flüchtigen Ideen werden Bilder, aus Bildern Klänge und Melodien, und wofür es keinen passenden Sound gibt, dafür findet sich vielleicht ein kleiner subtiler Text.

Bei Conni Trieder laufen viele Prozesse erfrischend anders ab, als man das im Jazz gewohnt ist. Die betörende Klarheit und Aufgeräumtheit ihrer Einspielung legt die Vermutung nahe, ihr akustisches Kabinettstückchen wäre präzise geplant. Aber warum nicht mal das Pferd von hinten aufzäumen, wenn die Vorderseite auf Dauer ein wenig langweilig wird? „Ich habe meine Musik erst im Nachhinein sortiert“, gibt sie freimütig zu. „Alles ergänzt sich wunderbar und führt ineinander. Für mich ist es immer wieder spannend, wie die Texte an der Musik gewinnen und umgekehrt.“

Wenn sich zum Beispiel nach dem erotisch anmutenden Gedicht „Kirschen“ ein Schlagzeugsolo Bahn bricht, erhält dieses, von der Emotionalität des Textes aufgeheizt, einen ganz anderen Drive. Conni Trieder ist eine feinsinnige Romantikerin, die zu pointieren weiß, sich aber auch perfekt darauf versteht, Gegensätze auszubalancieren und zu einem holistischen Ganzen zu vereinen. Dabei ist es überhaupt nicht notwendig, dass sich die Bilder in ihrem Kopf adäquat in der Wahrnehmung des Hörers übersetzen. Ihre Texte sind überaus musikalisch, ihre akzentuierten Klänge sehr eloquent. Dennoch ist die Klarheit des scheinbar filigran Geplanten am Ende das Ergebnis eines Prozesses, an dessen vielen Weggabelungen es immer wieder gilt, spontane Entscheidungen zu treffen.

Die Leichtfüßigkeit, mit der sich ihre lyrischen Torsi über den Nachklang der Musik legen und die Musik in den Texten weiterhallt, setzt völlig neue Maßstäbe für das Hybrid von instrumentaler Musik und gesprochenem Wort. Für die Belastbarkeit dieser Verbindung hat sie ihre eigene Philosophie entwickelt. „Bis auf einen Fall stehen Text und Musik nebeneinander und nicht übereinander. Das ist mir wichtig, denn dadurch kann man dem Text folgen und hat während der Musik Zeit, über das gesprochene Wort nachzudenken. Beides hat seinen Platz. Die Zuhörerinnen und Zuhörer haben dadurch Gelegenheit, eigenen Assoziationsketten zu folgen, die durch die Worte ausgelöst werden. Die Musik kann dem gesprochenen Wort wiederum im Nachhinein eine Form geben und erhält dadurch eine zusätzliche Bedeutung.“

In ihren Texten kann Conni Trieder Dinge sagen, die sie durch ihre Musik nicht ausdrücken kann, und umgekehrt. Nach ihrer eigenen Beschreibung erschließen sich die Texteinlagen mehr über den Kopf, während die Musik ohne Umweg auf die Gefühle abzielt. Musik bleibe bei aller Programmatik abstrakt, so Trieder, im Wort könne man wesentlich konkreter werden. In ihrem poetischen Wechselspiel von Trio-Sound und Wortklang verwischt die geschickte Klangdramaturgin jedoch die Demarkationslinien zwischen beiden Prinzipien. Das Wort wird zur Melodie, das Spiel auf Flöte, Bass und Schlagzeug zur Erzählung. Sich ein endgültiges Bild zu machen, obliegt der Zuhörerebene mit ihren individuellen Erfahrungen und Gefühlen. „Ich finde es schön, dem Hörer nicht nur etwas vorzugeben, sondern bestimmte Situationen anzubieten, in denen er sich dann selbst ausbreiten kann. Auf diese Weise können Menschen darin Anklang finden und viel mehr sehen. Ihr Anliegen ist es, mit ihrer Musik Menschen nicht nur zu erreichen, sondern auch zu bewegen. Sie zwitschert und plaudert, flüstert und flucht, und bei alledem schwingt immer ein heiter nachdenklicher Grundton mit.

Conni Trieder gewinnt ihrer Flöte eine derartige Vielzahl an Energielevels, Dynamiken, Dichtegraden, Farbtönen und Temperaturen ab, dass sie sich dem Ohr immer wieder aus neuen Perspektiven nähern kann. Die explosiven Ausbrüche liegen ihr ebenso wie das leise Wispern. Vorbilder wie Robert Dick, Jeremy Steig oder Henry Threadgill verleugnet sie nicht, und doch vertraut sie ihrem ureigenen Instinkt, der sie höchst unkonventionelle Wege beschreiten lässt. Für alles, was sie tut, gibt es immer einen Grund. „Die Flöte ist sehr nah an der menschlichen Stimme, die Stimme wiederum ist eines unserer Urinstrumente. Sie ist sehr intuitiv. Meine eigene Stimmlage ist Sopran. Deshalb passt die Flöte zu mir. Da finde ich Anklang. Als Kind habe ich sehr viel gesungen. Beim Singen hat man das Instrument immer bei sich und kann die Musik sehr direkt teilen. Das Flötenspiel hat aber auch viel mit Atmen zu tun und ist daher sehr körperlich.“

Das Trio ist für die Flötistin der optimale Kontext, der ihr als Gestalterin viel Platz einräumt. zwischen den sanften Bollwerken von Bass und Schlagzeug findet sie mit ihren oft zarten Klängen aber auch ausreichend Schutz. Mit Bassist Lukas Keller und Drummer Jakob Kammerer ist Conni Trieder längst zu einer festen Einheit verschmolzen, und auch dafür gibt es gute Gründe. „Jakobs Grooves sind sehr verspielt und feinsinnig. Das passt fantastisch zur Flöte. Er ist sehr begeisterungsfähig. Wir können uns wunderbar aneinander aufrichten. Lukas ist ein Bassist, der sich sehr einbringt und viel mitdenkt. Er hat eine ganz eigene Formensprache, die dem Trio gut tut. Jedes Instrument hat seine eigene Stimme. Wenn man längere Zeit miteinander spielt, spürt man, wie daraus eine gemeinsame Sprache entspringt.“ Und um Sprache geht es Conni Trieder bei allem, was sie tut. Last not least bleibt die Schauspielerin Mareike Hein zu erwähnen, die Conni Trieders Gedichte vorträgt und mit ihrer Sprachmelodie kongenial den Duktus der Musik auffängt. Im Konzert spricht die Bandleaderin ihre Texte selbst. „Ein vielfaltiges Liniennetz meines Ichs“ postuliert sie in ihrem tiefsinnigen Prosagedicht „Einfältig“, das so gar nicht einfältig ist. Besser kann man nicht beschreiben, was auf „Brot und Salz“ passiert.

Vielleicht ist es Jazz, vielleicht ist es Klangtheater, womöglich ist es auch eine poetische Reise in die Romantik des Alltags – in jedem Fall ist es Conni Trieder, die auf dem Debütalbum ihres Trios selbstbewusst einen Flecken besetzt, der bis jetzt noch komplett unentdeckt ist. Wolf Kampmann



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